Offener Brief an die Völker Afrikas

Dieser Brief wurde am 1. September 1992 verfaßt.


Ich bin mir voll und ganz des Leids bewußt, unter dem ganz Afrika südlich der Sahara heute in dem einen oder anderen Ausmaß leidet, aber allen Teilen Afrikas südlich der Sahara droht das gleiche Schicksal, wenn nichts getan wird, um die gegenwärtige Situation zu ändern.

Die Situation in Afrika ist kein Zufall. Sie ist keine mysteriöse Krankheit, die ohne menschliches Vorwissen über uns gekommen ist und für die wir Abhilfe finden müssen. Die Krise in Afrika, insbesondere in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara, ist das Ergebnis einer vorsätzlichen und böswilligen Entschlossenheit, diesen Kontinent zu zerstören und zu entvölkern, so wie es nicht nur der John-Ruskin-Anhänger Cecil Rhodes mit seinem Plan verfolgte, Afrika für die bwana makuts oder die „Großwildjäger“ zu einem sicheren Ort zu machen, sondern auch durch die Politik des bösartigen Bertrand Russells, eines Mannes, der oft für einen Freund der Armen und Schwachen gehalten wird. In Wirklichkeit aber ist er ihr tödlichster Feind, da er sich selbst das Ziel gesetzt hat, die Welt mit Hilfe von Krankheiten und anderen Mitteln effizient von jenen Bevölkerungsgruppen zu säubern, deren Hautfarbe dunkler ist, als es Herrn Russell und seinen Freunden gefällt.

Als Wirtschaftswissenschaftler weiß ich, was für Afrika getan werden könnte. Mit relativ einfachen Mitteln hätte in den letzten 20 Jahren jederzeit eine gewaltige Verbesserung erreicht werden können. Das weiß ich aus eigenen Untersuchungen. Ich weiß, daß Afrika sich nicht nur selbst hätte ernähren können, wenn Entwicklung gewährt worden wäre. Eine einfache wirtschaftliche Basisinfrastruktur in den Bereichen Wasserversorgung, Verkehr, Energieerzeugung, Gesundheitsfürsorge – insbesondere Krankheitsbekämpfung und -behandlung – und Bildung, kombiniert mit relativ geringfügigen Direkthilfen für die Bauern zur Verbesserung ihrer Maschinen, ihrer Produktion und ihres Bodens sowie für die wichtigsten Industriezweige, würde einen Entwicklungsprozeß in Gang setzen, durch den Afrika und insbesondere die afrikanischen Länder südlich der Sahara von einer Brutalisierung befreit werden könnten, von der ich als Historiker weiß, daß sie mindestens seit der Zeit zwischen 700 und 800 n. Chr. andauert. Das könnte getan werden.

Und es muß getan werden.

Eine vergleichbare Situation, wenn auch nicht so schlimm, herrscht auch in Mittel- und Südamerika, wo eine ähnliche Politik gegenüber Menschen betrieben wird, die Spanisch oder Portugiesisch sprechen. Solche Pläne führen dieselben bösen Mächte für Asien im Schilde. Sie glauben, daß Asien überbevölkert sei, und es sollen Krieg, Hungersnöte und Epidemien als Mittel eingesetzt werden, um die Bevölkerung zu reduzieren.

Wir müssen erkennen, daß das Versagen der Welt, Afrika Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, jetzt den gesamten Planeten ins Chaos stürzt. Denn Menschenrechtsverstöße gegen einen Teil der Menschheit öffnet die Tür zur Verweigerung derselben Rechte für alle Menschen.

In Afrika müssen wir tun, was wir können, mit den Mitteln, die sowohl Afrikanern als auch anderen Menschen guten Willens außerhalb Afrikas zu diesem Zweck zur Verfügung stehen. Aber dazu müssen wir uns zusammenschließen, und wir müssen diejenigen aus Mittel- und Südamerika, aus Asien, aus Europa und anderswo einbeziehen, denen ebenso wie uns bewußt ist, daß das Schicksal Afrikas heute das Schicksal des gesamten Planeten von morgen sein kann.

Nur mit dieser Art von Bewußtsein glaube ich, daß wir die Art von Politik umkehren können, die insbesondere Robert McNamara in die Weltbank eingebracht hat und die der Beginn eines neuen Holocausts in Afrika war. Nur wenn die allgemeine Zustimmung, die Sympathie für McNamaras Weltbankpolitik aufhört – und sie aus den Institutionen Europas, Asiens, Mittel- und Südamerikas sowie Europas und Nordamerikas verbannt wird –, nur dann wird es eine langfristige gerechte Lösung für die afrikanischen Völker und die afrikanischen Nationen geben.

Wir müssen jetzt handeln, um mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln das zu tun, was wir können. Alle, die sich dafür einsetzen, müssen sich zusammenschließen, um das Machbare zu erreichen. Gleichzeitig müssen wir erkennen, daß es keine dauerhafte Lösung für dieses Problem gibt, sondern nur kurzfristige Verbesserungen, wenn es uns nicht gelingt, die Völker Europas, Nordamerikas, Mittel- und Südamerikas und Asiens einzubeziehen, und zwar aus keinem höheren moralischen Grund als der Erkenntnis, daß das, was heute mit Afrika geschieht, morgen mit ihnen geschehen kann.


Grußnote von Godfrey Lukongwa Binaisa

(1997 zum 75. Geburtstag)

Godfrey Lukongwa Binaisa
Godfrey Lukongwa Binaisa 1997 in Washington, D.C., rechts Lyndon LaRouche. Bild: EIRNS/Stuart Lewis

Ich grüße Sie als kommissarischer Vorsitzender der Afrikanischen Bürgerrechtsbewegung!

Mit einem Gefühl tiefer Wertschätzung setze ich meinen Namen und meine besten Wünsche den zahlreichen Gratulanten aus fünf Kontinenten zu dem glücklichen Anlaß Ihres 75. Geburtstags hinzu.

Ihr enormer Beitrag für die Menschheit in allen Bereichen großer Ideen, insbesondere des anhaltenden Kampfes gegen den Völkermord und die Desintegration Afrikas, wird noch lange nach diesen 75 Jahren in Erinnerung bleiben.

Ihre Widrigkeiten erinnern mich an Sokrates, den altgriechischen Philosophen, der zum Tode verurteilt wurde, indem er einen Giftbecher trinken mußte, der sein 70-jähriges Wirken beendete. Nach seinem Tod blieben die Bürger von Athen die „weisesten, gerechtesten und besten“.

Ich habe keinen Zweifel daran, daß Sie eines Tages vollständig rehabilitiert werden, und daß zu dem Zeitpunkt, an dem Sie diese Welt verlassen müssen, Ihre Lehren eine maßgebliche Rolle dabei gespielt haben werden, die Einwohner dieser großen Republik zu den „weisesten, gerechtesten und besten“ zu machen.

Godfrey Lukongwa Binaisa war kommissarischer Vorsitzender der Afrikanischen Bürgerrechtsbewegung, ehemaliger Präsident von Uganda (1979–1980) und ehemaliger Generalstaatsanwalt von Uganda (1962–1967).